In Deutschland leben ca. 15 Millionen Einwanderer bzw. deren Nachkommen. Vor knapp 30 Jahren erreichte Deutschland die erste Einwanderungswelle, was nicht nur Folgen auf die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland hatte, sondern mittlerweile auch auf die Werbebranche.
Immer mehr Unternehmen erkennen die hohe Kaufkraft, der in Deutschland lebenden Migranten und reagieren mit speziell auf diese Zielgruppe zugeschnittener Werbung. Einige Unternehmen gehen sogar noch weiter. Beispielweise nannte sich vor weniger als einem Jahr die Citibank in Targobank um. Die Privatkundenbank benannte sich außerdem ab 2010 für türkischen Kunden in „Bankadas“ um, was frei übersetzt im Türkischen so viel bedeutet wie “Bankfreunde“. So soll die türkische Kundschaft angelockt werden.
Als Vorreiter für diese Entwicklung könnte man die Deutsche Bank nennen. Sie entwickelten 2006 das Angebotskonzept „Bankamiz“ (unsere Bank) für türkische Privatkunden. Mit Istanbul-Motiven auf den Kreditkarten und türkischen Beratern in den 50 „Bankamiz“-Fillialen deutschlandweit, boten sie Ihren Service den türkischen Kunden an. Es hat sich scheinbar gelohnt, denn mittlerweile betreuen die „Bankamiz“-Mitarbeiter über 75.000 türkische Kunden. Auch die Targobank möchte stärker auf die türkisch-deutsche Zielgruppe eingehen und in diesem Bereich ihre Marktanteile erhöhen.
„Bis in die 90er Jahre herrschte bei deutschen Unternehmen das Bild vom sparsamen türkischen Gastarbeiter vor, der sein Geld zusammenhält, um irgendwann in die Türkei zurückzukehren“, sagt Yunus Ulusoy vom Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung (ZfTI) an der Universität Duisburg-Essen. Sehr lange hat es gedauert, bis deutsche Unternehmen erkannten, dass diese Vorstellung nicht der Realität entspricht.
Hohe Kaufkraft der türkischen Community
Laut zahlreichen Marktstudien liegt die Kaufkraft der türkischen Community bei ca. 17 Millionen Euro. „Erst als in den neunziger Jahren bei den Unternehmen der Trend zur Markendifferenzierung und gezielten Ansprache verschiedener Kundengruppen aufkam, wurden die ersten Konzerne auch auf die Deutsch-Türken aufmerksam“, sagt ZfTI-Ökonom Ulusoy. Jung und konsumfreudig – so bezeichneten die ersten Marketingexperten die türkische Käuferschicht.
„Viele junge Türken gehen nach wie vor in türkischen Supermärkten einkaufen, lassen sich von türkischen Freunden Produkte empfehlen, pflegen auf sozialen Plattformen eigene Gruppen und konsumieren neben deutschen auch türkische Medien“, erläutert Ergün. „Wir sind damit aufgewachsen uns anzupassen, aber eben auch unsere kulturellen Wurzeln zu pflegen.
Gezielte Werbung für Migranten
“Deutsche Werbung“, spricht die türkische Community nur bedingt an. So waren es türkische Unternehmen, die als erste diese “Werbe-Lücke“ erkannten. Türkische Supermärkte, Fernsehsender und Zeitungen waren die ersten Maßnahmen. Doch auch die deutschen Unternehmen möchten jetzt mitspielen. Besonders in der Lebensmittelindustrie macht sich das bemerkbar. „Türkische Supermärkte machen in Deutschland etwa zehn Milliarden Euro Umsatz im Jahr“, erklärt Ergün und begründet das starke Interesse deutscher Unternehmen. Beispielweise startete Kekshersteller Bahlsen 2010 ebenfalls mit türkischsprachiger Werbung die Eroberung der türkischen Supermärkte.
Die Zahl der deutschen Unternehmen, die sich gezielt an die “türkische Zielgruppen“ wenden, steigt immer stärker an. Die Erkenntnis dauerte lange, aber nun möchten alle einen Stück vom Kuchen ab haben. Viele Werbeagenturen in Deutschland offerieren daher Ethnomarketing – die Entwicklung und Planung von Werbemaßnahmen, welche auf Migranten abzielen. Sei es die klassische Print- oder TV-Werbung oder aber Werbekampagnen im Online-Bereich – die Angebote sind genau so vielfältig, wie Ihre Interessenten. Besonders lohnenswert ist die Schaltung entsprechender Werbung im Internet, da dieser Werbe- und Absatzkanal weiterhin an Bedeutung gewinnt und ein Großteil der türkischen Community viel im Internet unterwegs ist.
Quelle: www.spiegel.de